Das Zeugnis der Emilie Vogts

Ein Schulzeugnis von 1874 sowie ein Porträt einer jungen Frau. Im Archiv des Höchster Geschichtsvereins finden sich immer wieder spannende Geschichten und Dokumente aus der damaligen Zeit.

Ausgestellt von der „Höheren Töchterschule und Pensionat in Höchst“ am 14. August 1874. Klingt erstmal nicht besonders spannend. Ist es aber.

Zum einen ist dem Zeugnis die Fotografie einer jungen Frau beigefügt, die, vermutlich, Emilie Vogts zeigt. Zum anderen das Jahr. 1874 wurde die erste reine Mädchenschule in Hoechst am Main gegründet, aus der die heutige Helene-Lange-Schule in der Breuerwiesenstraße in Frankfurt-Höchst hervorging. Damit handelt es sich sozusagen um eine „blaue Mauritius“ der Schulzeugnisse in Höchst.

Schaut man das Zeugnis näher an, fällt auf, dass es nur vier Noten gab: gut – befriedigend – genügend – ungenügend. Übertriebenes Lob sieht anders aus.

Zusätzlich gibt es aber drei Unterkategorien zu den einzelnen „Unterrichtsgegenständen“: Fleiß – Aufmerksamkeit – Fortschritte. Diese Unterteilung hat einen gewissen Charme. Es ersetzt einen Teil der Kopfnoten und kann als Anhaltspunkt für Talent und Neigung gelesen werden.

Positiv hervorzuheben ist auch, dass Turnen Unterrichtsinhalt war. Berücksichtigt man, dass es erst 1928 bei den olympischen Spielen umfassend Wettkämpfe für Frauen gab, war man 1874 in Höchst bereits sehr modern.

Und wie war sie nun als Schülerin, die Emilie Vogts? Ging regelmäßig zur Schule, bis sie sich um die kranke Mutter kümmern musste. Wohl eine junge Frau mit gutem Betragen, Spaß an Religion und Singen. In einigen Fächern lief es besser, in anderen nicht ganz so. Kommt einem bekannt vor, oder? Also eine ganz normale Schulkarriere.

Vielleicht finden sich weitere Informationen zu Emilie Vogts oder ihrer Familie in den vielen noch nicht erforschten Unterlagen in unserem Archiv. Dann ließe sich die Geschichte vielleicht weiterschreiben.

Text: Thomas Schekelinski